Dienstag, 3. März 2009

Zeitlos? Forever true? Вечное?

Beim Blättern in unserer Anthologie deutscher Gedichte stoße ich vorgestern auf diesen Sinnspruch von Schiller ("Erwartung und Erfüllung", 1796):

In den Ozean schifft mit tausend Masten der Jüngling,

Still, auf gerettetem Boot treibt in den Hafen der Greis.


Gestern abend höre ich eine Sampler-CD meiner Tochter und stoße auf das hier:

Ich bin kein großer Freund von Karel Gotts Gesang - der Mann könnte wahrscheinlich "Highway to Hell" schnulzig klingen lassen, wenn er sowas singen würde - und auch Hiphop und Rap lassen mich meistens kalt, aber diese Mischung hat etwas, auch wenn der Text von Klischees strotzt.
Der Grund? Es geht um dasselbe, den Gegensatz zwischen Kraft und Aufbruch in der Jugend, Schwäche und Resignation im Alter. Irgendwann kommt das auf alle von uns zu, wenn uns Gevatter Hein nicht davor bewahrt. Das weiß auch meine russische Lieblingsband DDT:
Ты уехал за счастьем и вернулся просто седым ("Ты не один", ДДТ)

("Du fuhrst fort auf der Suche nach dem Glück und kamst bloß grauhaarig zurück", aus "Ty ne odin").

Und was bringt man auf dem geretteten Boot in den Hafen? Die Erinnerung und die Menschen, die du in deinem Leben um dich geschart hast. Wir hoffen, dass das möglichst viele sind:
Die Träume mögen bei jedem anders sein und es müssen ja auch nicht unbedingt hundert Enkel werden, aber "Alle kommen vorbei, ich brauch nie rauszugehn" ist doch eine schöne Vorstellung.
Wenn noch jemand da sein wird, der unsere zeitgenössischen Sprachen beherrscht, werden diese Gedanken noch in hunderten und tausenden von Jahren verständlich sein. Ob die Form dann auch noch dem Zeitgeschmack entsprechen wird, ist eher zweifelhaft; Schillers prägnanter Sinnspruch hat da sicher größere Chancen als die vorgestellten musikalischen Beiträge. Aber jedes Lied, jedes Gedicht über die immerwährende condition humaine ist ein Schritt zur Unsterblichkeit.

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